Waghäusel jetzt ein „Ort der Demokratiegeschichte“
Seit Ende Mai 2021 gehört Waghäusel offiziell zu den deutschen „Orten der Demokratiegeschichte“, zusammen u.a. mit dem Hambacher Schloss, der Frankfurter Paulskirche und dem Deutschen Bundestag.
Sichtbar wird das einerseits vor Ort durch die Plakette mit QR-Code am Freiheitsdenkmal bei der Eremitage sowie andererseits durch den Eintrag in der „Deutschlandkarte der Demokratie“ auf der Internetseite www.demokratie-geschichte.de.
Der Eintrag und die Plakette zeichnen Waghäusel als einen Ort aus, an dem sich Menschen für demokratische Prinzipien und Werte wie Freiheit, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und politische Teilhabe eingesetzt haben.
Ursprünglich hatte der Verein „Weimarer Republik e.V.“ die „Deutschlandkarte der Demokratie“ mit Hintergrundinformationen zu den einzelnen Orten für die 2017 gegründete Arbeitsgemeinschaft „Orte der Demokratiegeschichte“ zusammengestellt. Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit 2020 erfolgte die Freischaltung der Informationsplattform www.demokratie-geschichte.de und die erstmalige Verleihung der Plakette. Die 2021 gegründete „Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte e.V.“ führt nun das von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und der Staatskanzlei Thüringen geförderte Projekt weiter.
Ziel ist es, am Beispiel von einzelnen Orten und Personen Demokratiegeschichte lokal fassbar und begreifbar zu machen und durch eine lebendige Erinnerungskultur aktives demokratisches Engagement in der Gegenwart zu fördern.
„Wir laden dazu ein, in den einzelnen Regionen nach den Wurzeln unserer heutigen Demokratie zu suchen“, so Projektleiter Dr. Markus Lang. „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern wurde erkämpft und muss tagtäglich verteidigt und neu justiert werden.“
Die Stadt Waghäusel folgte dieser Einladung. Im Frühjahr 2021 beauftragte Oberbürgermeister Walter Heiler das Stadtarchiv damit, die Bewerbung in die Wege zu leiten. Ende Mai 2021 erhielt Waghäusel den Eintrag in der „Deutschlandkarte der Demokratie“ und die Plakette.
Waghäusel konnte bei der Bewerbung darauf verweisen, dass Bürgerschaft, Politik und Stadtverwaltung sich seit Jahrzehnten für die Erinnerung an den Freiheitskampf in der Badischen Revolution von 1849 und die besondere Bedeutung der Demokratie am Ort einsetzen. Ein starkes Zeugnis dafür ist das Freiheitsdenkmal mit der Aufschrift „Den Wegbereitern der Demokratie“, das weitgehend durch Spendengelder von Privatpersonen, Firmen und Vereinen bezahlt wurde. Es erinnert daran, dass Wiesental und Waghäusel am 20. und 21. Juni 1849 Schauplatz einer der entscheidenden Schlachten der Badischen Revolution waren, bei der das badisch-pfälzische Revolutionsheer letztendlich von preußischen Truppen geschlagen wurde. In der Nähe des historischen Schlachtfelds benannte der Gemeinderat seit den 1990er Jahren Straßen nach den Freiheitskämpfern Friedrich Hecker, Gustav Struve, Johann Philipp Becker, Lorenz Brentano, Amand Goegg, Carl Schurz und Franz Sigel. Weitere demokratische Denkmäler sind der Erinnerungsstein an die Freiheitskämpfer von 1849 im Wiesentaler Park und die Verfassungssäule des Landkreises, aufgestellt 1989 in der Nähe des Rathauses. Im Wiesentaler Heimatmuseum im Alten Rathaus sowie im Museum in der Eremitage werden ebenfalls an die Badische Revolution und an den Kampf für die Demokratie erinnert.
Ursprünglich war geplant, die Plakette mit möglichst großer Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des ersten „Festivals der Demokratie“ am Freiheitsdenkmal anzubringen. Dies wäre ein passender und würdiger Rahmen gewesen. Bei dem von SPD und CDU für den Juni 2021 geplanten Fest sollten Parteien und gesellschaftliche Gruppen bei Musik und Diskussionsrunden zu Demokratie und Freiheit ins Gespräch kommen. Die Corona-Pandemie machte diese Pläne zunichte. Das Festival konnte erst im Sommer 2022 stattfinden.
Im Juni 2021 war für die Bekanntgabe der Aufnahme in den Kreis der „Orte der Demokratiegeschichte“ leider nur ein sehr kleiner Pressetermin im Freien möglich mit Oberbürgermeister Walter Heiler und Artur J. Hofmann, Hauptinitiator des Freiheitsdenkmals und seit Jahrzehnten gerade für das Gedenken an 1848/49 aktiv.
Kurze Zeit später, am 16. Juli 2021, beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Errichtung der "Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte". Paragraph 2 zum Stiftungszweck hält fest, dass Orte, die „symbolhaft für die demokratische Tradition in Deutschland stehen, noch stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden“ sollen.